Thüringer Porzellan

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Was ist Porzellan?

Porzellan ist eine feine, weiße, durchscheinende Tonware, die aus mehreren Bestandteilen (Kaolin, Feldspat, Quarz) zusammengesetzt ist und bei hoher Temperatur über 1350°C gebrannt wird. Das Mischungsverhältnis der Ausgangsmaterialien schwankt zu verschiedenen Zeiten in den unterschiedlichen Manufakturen und nach geplanter Anwendung.  Der wichtigste Bestandteil ist die „Porzellanerde“, wie man im 18. Jahrhundert das Kaolin nannte. Ihm verdankt das Porzellan seine weiße Farbe.  Kaolin dominiert in der Porzellanmasse mit 40-65 %, der Anteil von Feldspat ist 15-35% und der von Quarz 12-30%. Zur Aufbereitung der Masse wird Rohkaolin mit Wasser geschlämmt. Feldspat und Quarz werden sehr fein gemahlen und dem Kaolin beigemischt.

 
Geschichtlicher Überblick

Porzellan ist in Europa seit den Reiseberichten des Marco Polo (1254-1324) bekannt, der es in China kennenlernte.  Diese weiße und glänzende Tonware wurde seitdem bei uns bewundert, doch konnte sie hier nicht hergestellt werden. Man musste sie aus dem Fernen Osten beziehen. Für die Einfuhr des Porzellans wurde vor allem im 16. und 17. Jahrhundert viel Geld ausgegeben. Nachahmungen konnten sich daher den Markt erobern. Es war die weißgrundige Fayence, die sich im 17. und 18. Jahrhundert zu einer beliebten, wenn auch derben Imitation des dünnwandigen Porzellans entwickelte. Erst unter August dem Starken (1670-1733), Kurfürst von Sachsen und König von Polen, gelang es erstmals in Europa Porzellan zu fertigen.  Große Verdienste erwarb sich dabei der Gelehrte Ehrenfried Walther von Tschirnhaus (1651-1708), der die Rohstoffe des Landes untersuchte und sie mit großen Brennspiegeln erhitzte. Die wesentlichsten Erkenntnisse zur Materialzusammensetzung gehen jedoch auf Johann Friedrich Böttger (1681-1719) zurück. Beide arbeiteten zusammen im gleichen Labor in Dresden.

 

1709 konnte Böttger melden, dass er weißes und rotes Porzellan zu fertigen verstehe. Die Produktionsstätte wurde 1710 nach Meißen auf die Albrechtsburg verlegt, wo zunächst jedoch nur das rote sogenannte „Böttgersteinzeug“ hergestellt wurde. Das Brennen von weißem Porzellan gelang damals nur bei Laborversuchen. Im großen Ofen gebrannt, war es Glückssache. Erst nach Böttgers Tod wurde auch das weiße Porzellan in großer Zahl hergestellt (seit ca. 1720). Die Rezeptur war zunächst ein Geheimnis, das als „Arkanum“ streng gehütet wurde.  Durch Verrat und Spionage konnte sich das Wissen jedoch ausbreiten, woraufhin im 18. Jahrhundert bald weitere Manufakturen gegründet wurden.

 
Die Kunst das echte Porzellan zu fertigen

„Die Thüringer oder so genannten Waldfabriken, welche auf anderen Fabriken für so schlecht geachtet werden, und von denen man glaubt, dass sie ihr Porzellan unter dem Fabrikationspreise verkaufen, sind so vorteilhaft eingerichtet, dass die anderen Fabriken, statt sie mit Verachtung zu betrachten, sich vielmehr ihre Einrichtungen zum Muster wählen sollten: denn sie verkaufen ihre Fabrikaten nichts weniger, als unter gehörigem Preise. Es ist vielmehr ihre vorteilhafte Einrichtung, welche sie berechtigt, ihr Porzellan zu so niedrigen Preisen verkaufen zu können, welches wohl die eitle Hoffnung der anderen Fabriken niederschlagen wird, vermöge welcher sie immer noch erwarten, dass diese niedrigen Preise bald nachlassen müssen. Der Ursprung dieser Fabriken kann nicht von dem Wiener Stamm hergekommen sein, weil ihre Haupteinrichtungen gänzlich denjenigen der vorhin besagten abweichen. Sie scheint daher eine besonders neue Erfindung zu sein, welche ganz den jetzigen ökonomischen Fabrikationsgeist verrät: daher die Aufmerksamkeit auf die Nähe der notwendigen Materialien zum Porzellanberuf, daher die weniger verwickelte Mischung der Erdarten, daher vor allen der so sinnreich ausgedachte Ofen, welcher durchgehends eine gleiche Feuerhitze gewährt, und die Feuermasse in voller Genügsamkeit beim Ofen gestattet. Ich kann zwar den ersten Erfinder dieser Fabrikation nicht sicher angeben, doch muss ich anzeigen, dass auf diesigen Porzellanfabriken die Greinersche Familie angegeben wird, worin diese spätere Erfindung voll zum Wortschein gekommen sei. So viel kann ich versichern, dass ich mit einem gewissen Herrn Greiner zu Ilmenau bin in Bekanntschaft geraten, welcher wirklich zwei Porzellanfabriken und eine Glashütte im Besitz hatte, und dafür bekannt war, dass er schon eine geraume Zeit sich mit Porzellanfabriken abgebe.“

 

Franz Joseph Weber: Die Kunst das ächte Porzellan zu verfertigen. Hannover 1798, S. 20 ff

 

Porzellan aus dem Thüringer Wald

Nach der Erfindung des europäischen Hartporzellans durch Ehrenfried Walter von Tschirnhaus und Friedrich Böttger 1708 in Meißen verbreitete sich die Kenntnis des "Arcanums" trotz strengster Geheimhaltung allmählich weiter und gelangte um 1760 auch nach Thüringen. Hier waren etwa gleichzeitig Georg Heinrich Machleid in Volkstedt, Johann Wolfgang Hammann in Katzhütte und Johann Gotthelf Greiner in Limbach dem Geheimnis der Porzellanherstellung völlig unabhängig von Meißen auf die Spur gekommen. In den thüringischen Kleinstaaten entwickelte sich eine eigenständige Porzellanfabrikation, begünstigt durch das Vorkommen von Rohstoffen (Kaolin, Quarzsand, Fud Spat), von Holz und Wasserkraft sowie von geeigneten technischen Anlagen (Glashütten, Bergbau) und gut ausgebildeten billigen Arbeitskräften.

 

Gegenüber der Konkurrenz fürstlicher Manufakturen konnten sich die thüringischen Erzeugnisse für den bürgerlichen Haushalt orientieren. Dazu gehörten Tafelgeschirr und Gefäßformen aller Art, "Türkenköppchen" und Pfeifenköpfe, aber auch Gebrauchsgegenstände wie Tabakdosen, Nadelbüchsen und Stockknäufe sowie Kleinfiguren, Medaillons und plastischer Zierrat. Den Stilwandlungen vom späten Rokoko zum Klassizismus und zum Biedermeier folgend, waren die Altthüringer Porzellane in Form und Dekor relativ schlicht, aber phantasievoll und lebensnah gestaltet, beeinflusst von der thüringischen Volkskunst. Mit dem Trend zur Massenproduktion von Billigwaren, der als Folge von wirtschaftlichen Krisenerscheinungen in der thüringischen Porzellanindustrie seit der Mitte des 19.Jahrhunderts verstärkt einsetzte, machte sich eine künstlerische Verflachung und Stilverwilderung der Erzeugnisse bemerkbar. Seit etwa 1860 begann eine neue Gründungswelle von Porzellanfabriken im thüringisch fränkischen Raum, ausgelöst durch den Rückgang der Eisenhütten und durch einen wachsenden Bedarf an Porzellanen aller Branchen, ein Prozess, der mit der Erschließung neuer Kaolinlagerstätten in Sachsen und Böhmen, mit dem Einsatz sächsischer Steinkohle, dem Ausbau des Eisenbahnnetzes und der Gewinnung zahlreicher billiger Arbeitskräfte in den Waldgebieten Hand an Hand ging. Die verkehrsungünstig gelegenen und technisch veralteten Betriebe des Thüringer Waldes mussten sich, um weiterhin konkurrenzfähig zu bleiben, darauf einstellen, qualitätvolle und weltmarktfähige Erzeugnisse auf den Markt zu bringen.

 

Die Gründung von Zeichen- und Modellierschulen (Lichte, Sonneberg und andere), in denen qualifizierter Nachwuchs für die Porzellanindustrie herangebildet wurde, erwies sich als zukunftsträchtige Investition. Um die Jahrhundertwende blühte im Lichte-Tal und in Lauscha die Plattenmalerei auf, Firmen wie Heubach- Kunst, Lichte, die Kunstabteilung Wallendorf der Fraureuth A.G., später Schaubach- Kunst, wie die Schwarzburger Werkstätten u.a. traten mit beachtlichen kunsthandlichen Leistungen in Erscheinung. Die thüringische Porzellankunst der Nachkriegszeit und der Gegenwart knüpfte an bewährte Tradition an und wurde um modernes Formengut bereichert.